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Hannes B. Erhardt und Robert Flock sagen Lebwohl
Zahlreiche neue Mietwohnungen, eine Revolution der ESW-Arbeitswelt, ein umfangreiches Umweltmanagementsystem und eine runderneuerte Unternehmenskultur, um nur die größten Stichworte der Zeit von Hannes B. Erhardt und Robert Flock als ESW-Geschäftsführer zu nennen. Eine Bilanz.
Jung sehen sie aus auf den Fotos, die den 33jährigen Hannes Bernhard Erhardt und den 53jährigen Robert Franz Flock 2009 als neue Geschäftsführer des ESW beziehungsweise der ESW Gebäudemanagement GmbH zeigen. Kein Wunder, sind diese Bilder doch immerhin 14 Jahre her. Angetreten sind sie damals, um, wie der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Claus Meier erzählt, frischen Wind ins ESW zu bringen und das Unternehmen in ein neues Zeitalter zu führen. „Gasgeben“ ist das Erste, was seinem Nachfolger Dr. Erich Theodor Barzen zu dieser Zeit einfällt. Mit diesen beiden Eindrücken lässt sich tatsächlich viel zusammenfassen, was in diesen Jahren passiert ist. Im September 2009 trat Hannes B. Erhardt in die Geschäftsführung der ESW-Unternehmensgruppe ein, ungefähr ein Jahr nachdem er die Leitung des Immobilienbereichs übernommen hatte. Im Januar 2012 trat ihm Robert Flock, der bis dahin bereits die ESW GM geleitet hatte, zur Seite.
Die Entwicklung einer völlig neuen Unternehmenskultur fällt in diese ersten Jahre. 2010 verabschiedet das ESW zum ersten Mal ein Leitbild, das sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des christlichen Wohnungsunternehmens selbst gegeben hatten. Ein betriebliches Gesundheitsmanagement wurde eingeführt und in den nächsten Jahren immer weiter ausgebaut: von Sport und Gesundheitskursen während der Arbeitszeit, Massagen im Büro und der wöchentlichen Obstkiste bis zur geförderten Fitnessstudio-Mitgliedschaft und gemeinsamem Waldbaden. Auch die Zertifizierung nach dem Audit berufundfamilie, das hohes Ansehen genießt, fällt in diese Zeit. Bis heute arbeitet das ESW auch in diesem Bereich an sich und entwickelt sich ständig weiter. 2021 wurde das Unternehmen auf kununu unter die Top 10 der familienfreundlichsten Arbeitgeber der deutschen Immobilienbranche gewählt, 2022 sogar unter die Top 7.
Auch das erste betriebliche Umweltmanagementsystem wurde in diesen ersten Jahren etabliert. 2012 erfolgte die Zertifizierung nach dem sogenannten Grünen Gockel, einem betrieblichen Umweltmanagementsystem, das sich an EMAS orientiert, einem der strengsten europäischen Konzepte dieser Art. Es folgte eine offizielle Umwelterklärung des ESW und das ausdrückliche Bekenntnis zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex. Das gilt bis heute. Erst vor Kurzem wurde ein neuer Umweltbericht erstellt, in dem jährlich die neuesten Entwicklungen dokumentiert und konkrete Ziele für das nächste Jahr definiert werden. Doch nicht nur die Nachhaltigkeit der Büro- und Arbeitswelt, auch die nachhaltige Bestandsbewirtschaftung war damals schon Thema. Immer wieder bekräftigten Geschäftsführer, Aufsichtsrat und Gesellschafter das Credo des ESW, nicht nur für Bezahlbarkeit, sondern auch für gute, nachhaltige Architektur einzustehen. Konsequenterweise war die systematische Modernisierung des Immobilienbestandes ein wichtiges Thema dieser Jahre, dem durch jährliche Rückstellungen für diesen Zweck in spürbarer Größenordnung wortwörtlich Rechnung getragen wurde. Heute sind rund 85 Prozent des Eigenbestands des ESW energetisch saniert, was – damals nicht abzusehen – in seiner Bedeutung gerade in denletzten Monaten einer neuen Energiekrise nicht zu überschätzen ist. Auch im Neubau ist Nachhaltigkeit natürlich ein großes Thema, besonders im Spannungsfeld der drei Dimensionen nachhaltigen Bauens: Ökologie, Ökonomie und soziokultureller Aspekt. Es sind eben diese drei Dimensionen, in denen sich auch das ESW in seiner täglichen Arbeit bewegt: bezahlbare Wohnungen, zugeschnitten auf die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe – Familie, Senioren oder Studenten –, wobei die Bezahlbarkeit nicht zulasten der Qualität oder Ökologie gehen darf.
Gerade das Thema Bauen war eine der großen Herausforderungen in der Zeit von Hannes B. Erhardt und Robert Flock. Der Fachkräftemangel und die steigenden Baukosten stellten die Wohnungswirtschaft vor eine schwierige Aufgabe. Gleichzeitig wurde die Wohnungsknappheit in den bayerischen Ballungsräumen zunehmend zum Problem nicht nur für einzelne, sondern für breite Schichten der Bevölkerung. Die Ausweitung des Eigenbestands an Wohnungen war damit viele Jahre eine der wichtigsten Leitlinien der Unternehmensstrategie. Ziel war es, nicht nur geförderte, im Volksmund „Sozialwohnungen“, zu bauen, sondern auch sogenannte frei finanzierte, also nicht an eine öffentliche Förderung gebundene, aber trotzdem bezahlbare, Mietwohnungen zu schaffen. Vor allem in den Städten, in denen es besonders eng und teuer wurde: in München natürlich und in Ingolstadt, aber auch in der Metropolregion Nürnberg- Fürth-Erlangen sowie in Regensburg in der Oberpfalz. Wichtiger Wohnraum für Senioren ist entstanden, zum Beispiel in Nürnberg und Fürth. Gleichzeitig wurde ein eigenes Konzept für studentisches Wohnen entwickelt, AM CAMPUS – Leben und Studieren, das in den neun Jahren zwischen 2009 und 2018 insgesamt fünf Mal an vier Standorten realisiert wurde.
Bedeutende vor allem auch für die Stadt Fürth waren die zwei großen Quartiersentwicklungen in der Kleeblattstadt. 2009 übernahm das ESW rund 300 Wohnungen mit massivem Sanierungsstau von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Das Unternehmen investierte in das Wohngebiet Auf der Schwand, dessen Ruf stark lädiert war, rund 50 Millionen Euro. Heute bietet der Finkenpark über 400 komplett sanierte oder neu gebaute Mietwohnungen, zwei Kindertagesstätten, ein Quartiersbüro, ein eigenes ESWHausmeisterbüro und mehrere Spielplätze. Das Leuchtturmprojekt Sonnenturm mit vorgelagertem Marktplatz und verkehrsberuhigter Zone gilt inzwischen als weithin sichtbares Symbol für die Entwicklung, die das Quartier nahm, zu stabilen Wohnumfeld. Die zweite bedeutende Quartiersentwicklung betrifft das neugeschaffene Wohngebiet Westwinkel, entstanden auf einer Konversionsfläche, dem ehemaligen Grundstück der Norma-Zentrale mitten in Fürth. Dort entsteht Wohnraum für rund 600 Menschen, neben einer Vielzahl an Mietwohnungen auch 45 Reihen- und Doppelhäuser und eine Kindertagesstätte. Zusammengenommen sind in den 14 Jahren der Geschäftsführung unter Hannes B. Erhardt und Robert Flock so rund 1.800 neue Wohnungen durch Bau und Ankauf zum ESW-Bestand hinzugekommen. Was schon damals gut und wichtig war, stellt sich besonders vor dem Hintergrund der heutigen geänderten Marktbedingungen als absolut goldrichtig heraus.
Neben Nachhaltigkeit und Schaffen von Wohnraum war der soziale Fokus das dritte große Leitlicht der Ära Flock und Erhardt. Schon unter dem Vorsitz von Dr. Claus Meier hat sich das ESW zusammen mit seinem Aufsichtsrat wiederholt mit den großen Fragen sozialen Wohnens und den Aufgaben des ESW in diesem Spannungsfeld auseinandergesetzt. Man war sich immer bewusst, dass die verschiedenen bedürftigen Gruppen nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen, wie das zum Teil im medialen und öffentlichen Kontext geschieht: bezahlbare Wohnungen für armutsbetroffene Deutsche oder für Geflüchtete, für benachteiligte junge Menschen oder für Senioren mit kleiner Rente. So entwickelt das ESW seit Jahren Projekte speziell für Senioren, gerade entstehen zum Beispiel 50 einkommensorientiert geförderte Mietwohnungen für Senioren mitten in Nürnberg. Gleichzeitig engagierte es sich zusammen mit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern unmittelbar auch in der Flüchtlingskrise ab Mitte der 2010er Jahre. Dazu wurden Kooperationen mit sozialen Partnern an mehreren Standorten eingegangen, die ambulant betreute Wohngemeinschaften für ehemaligen Drogenabhängige und ehemalige Strafgefangene ermöglichen.
Ein sozialer Schritt war auch ein neues System zur Vergabe von Mietwohnungen des ESW. Denn was nützt es, wenn es zwar grundsätzlich bezahlbare Wohnungen gibt, man aber nie die Chance hat, an eine heranzukommen, weil bei Freiwerden so einer Wohnung immer schon zahlreiche Interessenten aus dem Bekanntenkreis bereitstehen oder Wohnungsunternehmen Wohnungen grundsätzlich an die solventesten Bewerber vergeben. Das ESW nimmt hier bewusst einen großen Mehraufwand in Kauf, um mehr Fairness in die Vergabe von Wohnungen zu bringen. Jede freiwerdende Mietwohnung muss daher zwingend ausgeschrieben werden, für mindestens zehn Tage oder bis eine adäquate Anzahl an Besichtigungsterminen durchgeführt wurde – so dass mehr Menschen überhaupt die Chance auf so eine Wohnung bekommen. Darüber hinaus wurden ein fein abgestimmtes Punktesystem eingeführt, das mögliche Interessenten objektiv nach Dringlichkeit und Passgenauigkeit zur Wohnung einordnet. Natürlich ist auch das ESW gezwungen, grundsätzlich gesund und verantwortungsvoll zu wirtschaften. Das Vergabesystem ist aber so aufgebaut, dass die zwei oben genannten und weitere wichtige Kriterien, auch Härtefälle, im Vergleich stärker gewichtet werden als die reine Solvenz.
Keinen Aufwand gescheut haben die beiden Unternehmenslenker auch bei ihrem letzten großen internen Projekt: der Revolutionierung der Arbeit im ESW. So haben sie das Projekt im Aufsichtsrat einst angekündigt und das war es dann auch, was das Gremium unter seinem Vorsitzenden Erich Rödel Mitte 2021 nach rund vier Jahren Umbau präsentiert bekam. Die Renovierung der Verwaltungsgebäude des ESW am Hauptsitz am Hans-Sachs- Platz in Nürnberg hatte den Anlass für einen grundlegenden Wandel gegeben. Die Impulse der Zeit aufgreifend entstand nicht nur eine hochmoderne Arbeitswelt, sondern auch eine von Grund auf neue Unternehmenskultur: New Work als Antwort des ESW auf das New Normal. Nach rund eineinhalb Jahren im neuen Büro ist diese Revolution für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ESW tatsächlich schon normal geworden: morgens die Sachen aus dem Locker zu holen, sich den für die anstehenden Aufgaben geeignetsten Arbeitsplatz zu suchen – vom konventionellen Schreibtisch bis zum Liegesessel in der Telefonzelle – komplett papierlos zu arbeiten und per Teams zu telefonieren, Sport zu machen oder die Eingangstür zu öffnen.
Nun verlassen die beiden nach rund einem Drittel (Hannes B. Erhardt) beziehungsweise einem Viertel (Robert Flock) ihres Lebens das Unternehmen. Während Letzterer sich in den wohlverdienten Ruhestand begibt, sucht Ersterer nach einer neuen Herausforderung.
Mehr als nur ein Wohnungsunternehmen sein – das war jahrelang das selbstgewählte Leitbild des ESW. Unter Hannes B. Erhardt und Robert Flock wurde dieses Motto zur Chefsache.