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CISS e.V.: Hilfe für Strafentlassene

ESW unterstützt die Einrichtung mit 5.000 €

Stefan Hagl brennt für seinen Job. Das wird schnell klar, während der 55-jährige durch das Gebäude führt und die Arbeit der Initiative erklärt. Anders kann man so einen Job wohl auch nicht lange durchhalten. Die Aufgabe erfordert vollen Einsatz: CISS ist eine vollstationäre Einrichtung, das bedeutet, dass die Präsenz eines pädagogischen Mitarbeiters 24/7 gewährleistet sein muss. Es gibt daher ein Zimmer, in dem sich die Pädagoginnen und Pädagogen abends ausruhen und schlafen können, sofern es nachts ruhig bleibt. Meistens ist es das auch, erzählt Hagl, der schon seinen Zivildienst bei CISS ableistete. Natürlich gebe es hin und wieder auch Konflikte, immerhin teilt man sich Küche, Bad und Sportraum, auch persönliche Probleme kämen hinzu. Die meisten aber versuchen, Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen und ihr Leben in den Griff zu bekommen, Arbeit zu finden und auf eigenen Beinen zu stehen. Ziel ist es, irgendwann in eine eigene Wohnung ziehen zu können. Auch in dieser Übergangszeit sind die Pädagoginnen und Pädagogen von CISS da. 

Für viele ist das kein einfacher Weg, einige schaffen ihn nicht. Menschen, die bei der Initiative unterkommen wollen, durchlaufen einen sorgfältigen Auswahlprozess, alle sind freiwillig dort. Rund 15 Strafentlassene oder von Haft bedrohte Männer und Frauen wohnen gleichzeitig in der Einrichtung, die für sich ein paar wenige Ausschlusskriterien definiert hat. Eine Suchtproblematik sollte nicht oder zumindest nicht mehr vorliegen, meint Stefan Hagel. Die in solchen Fällen notwendige Betreuung kann das Team von CISS nicht stemmen. Auch Sexualstraftäter werden nicht aufgenommen. Die einzige sonstige Auflage: wirklich etwas an seinem Leben ändern zu wollen. Es wird erwartet, dass die Bewohnerinnen und Bewohner die pädagogischen Angebote wahrnehmen und sich in den Tagesablauf einbringen: putzen, kochen, die Räumlichkeiten instand halten, aber auch abwechslungsreiche Freizeitangebote gibt es. "CISS ist in dieser Art als Einrichtung einmalig", erklärt Christian Buchner, Geschäftsführer und Pädagogischer Leiter der Einrichtung. Ihm sei es zum Beispiel auch wichtig, dass seine Klientinnen und Klienten sich daran gewöhnen ausgewogen zu kochen, Ihren Wohnraum ordentlich zu halten, feste Strukturen zu etablieren. "Unsere Aufgabe ist es die Menschen auf das selbstständige Leben vorzubereiten. Dort gibt es dann auch keine Putzfrau und man kann sich nicht jeden Tag was zu essen holen, weil das einfach zu teuer ist." Eine ausgewogene Ernährung, sich um sich selbst kümmern, Beziehungen zu pflegen - und das Gefühl, ein wertvoller Mensch zu sein - einige Menschen, die zu CISS kommen, müssen all das erst wieder, manchen überhaupt erst lernen. 

Die Strafgefangenenhilfe steht demnach für einen ganzheitlichen Ansatz, der kostet Geld. Gesunde Ernährung, mal einen Kurs oder ein Seminar, ein bisschen Kultur - das Budget hierfür ist ziemlich knapp bemessen. Rund 17,80 € pro Bewohner pro Vierteljahr stehen für kulturelle Teilhabe zur Verfügung - und das nur für den Bezirk Mittelfranken zugeordnete Bewohner. Menschen, die vor der Haft ihren Hauptwohnsitz woanders hatten, haben gar keinen Anspruch. Viel teilhaben kann man damit nicht. Das ganze System läuft ohnehin nur auf eine Schwarze Null hinaus, wenn CISS voll belegt ist, weniger Bewohner bedeuten weniger Förderung. Viele Ausgaben, wie zum Beispiel Personal- und Mietkosten, sind aber unabhängig davon, ob vorübergehend auch mal Plätze unbesetzt sind. "In der Regel sind wir voll belegt, mehr Nachfrage als Angebot", erzählt Christian Buchner. Zu Coronazeiten aber durften sie nicht in die Gefängnisse, um über CISS zu informieren oder auch Interessierte kennenzulernen und einzuschätzen. "Normalerweise haben wir hier eine Probewoche, in der wir und der Strafentlassene schauen können, ob das zusammenpasst. Mit Corona war das nicht möglich. Versuchen Sie mal, per Zoom-Meeting einzuschätzen, ob der Mensch, den sie auf dem Bildschirm sehen, Ihnen wirklich die Wahrheit sagt oder nur das, was der neben ihm sitzende Psychologe hören will oder soll." Die Folge war, dass CISS über Monate nicht alle Plätze besetzen konnte. Hinzu kommt, dass die Deutschen zwar großzügig spenden, aber Resozialisierungsinitiativen wie die von CISS oft weniger im Mittelpunkt stehen. "Mit kullernden Kinderaugen können wir leider nicht dienen. Uns ist klar, dass unsere Klientinnen und Klienten oft wenig geeignet sind, Mitleid zu erwecken, was auch nachvollziehbar ist. Trotzdem leisten wir einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft, indem wir Menschen helfen, sich wieder als Teil von dieser zu sehen", erklärt Christian Buchner. 

Das ESW - Evangelisches Siedlungswerk kam mit CISS im Rahmen der Vergabe von Sozialkarten für ein Heimspiel des 1. FCN in Kontakt (Das ESW | ESW-Familienblick 1. FCN). Beim gemeinsamen Stadionbesuch lernte ESW-Geschäftsführer Hannes B. Erhardt Christian Buchner und einige Bewohner kennen. "Das Gespräch und die Menschen sind mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen", so Erhardt. Aus diesem Grund hat sich das evangelische Wohnungsunternehmen entschieden, dem Verein 5.000 € als Weihnachtsspende zukommen zu lassen. "Kulturelle Teilhabe ist enorm wichtig, wenn wir wollen, dass die Menschen den Weg zurück in die Mitte der Gesellschaft finden. Doch einige Bevölkerungsschichten sind davon schlicht ausgenommen. Unsere Sport-Engagement setzt genau hier an: Menschen ein sportliches Ereignis ermöglichen, die das sonst wahrscheinlich nicht wahrnehmen könnten. Wenig kann hier so viel bewirken.